DIE WIRTSCHAFT VOM KOPF AUF DIE FÜSSE STELLE
Die in Deutschland, Österreich, der Schweiz und darüber hinaus aktive Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie will eine dritte Wirtschaftsform jenseits von Kapitalismus und Sozialismus aufbauen.
Die in Deutschland, Österreich, der Schweiz und darüber hinaus aktive Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie will eine dritte Wirtschaftsform jenseits von Kapitalismus und Sozialismus aufbauen.
In Deutschland sind immer noch viele Menschen auf das Auto angewiesen oder vom öffentlichen Verkehr ausgeschlossen. Katja Diehl hört ihnen zu und hat konkrete Ideen, um Mobilität in Zukunft gerechter zu machen.
ursprünglich veröffentlicht in https://futurzwei.org/
„Wie kriegt man Konservative dazu, ernsthafte Klimapolitik zu machen?“ Klaus Töpfer im Interview mit Harald Welzer und Peter Unfried.
Der Mann:
CDU-Politiker, Bundesumweltminister von 1987 bis 1994 während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl.
Acht Jahre Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi. Danach ging’s erst richtig los.
Jahrgang 1938, geboren in Schlesien, vertrieben, lebt heute in Höxter, Weserbergland, wo er auch aufwuchs. Eine Frau, drei Kinder, vier Enkel.
Vier willkürliche Stories:
Sprang in seiner Funktion als Umweltminister 1988 in den Rhein, nachdem Sandoz 20 Tonnen Gift hineingekippt hatte. »Ich würde den jungen Zuhörern nicht empfehlen, so was zu machen«, sagte er später einmal.
Wurde 2010 von den Grünen als Bundespräsident vorgeschlagen.
Bekam zum Achtzigsten eine Edelkastanie von Kanzlerin Merkel, seiner Nachfolgerin als Umweltministerin (»Noch trägt sie keine Früchte«).
Ist laut Prominenten-Archiv Munzinger ein „jovialer Entertainer“.
tazFUTURZWEI: Herr Töpfer, die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann hat den Satz gesagt: »Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar«. Sagen wir im politischen Raum die Wahrheit über das Notwendige beim Klimaschutz?
KLAUS TÖPFER: Ich verweise auf ein Interview, das Fritz Vorholz 1992, also nach der Rio-Konferenz, mit mir für die Zeit gemacht hat. Die Überschrift ist: »Ende mit der Wohlstandslüge«. Einige Wahrheiten sind also schon seit Längerem bekannt, wurden den Menschen auch zumutbar gemacht. Aber: In der Breite der Gesellschaft wurde dies nicht akzeptiert, wurde verdrängt, führte nicht zu Maßnahmen. Diese Haltung ist jetzt nur noch schwer zu vertreten: Die dramatischen Klimaprobleme sind unübersehbar.
tazFUTURZWEI: Man kann auch den gegenteiligen Eindruck haben, dass die Wohlstandslüge ausgeprägter ist denn je. Jetzt sind wir in einer Situation, in der sehr viel mehr anders werden muss, als es gegenwärtig diskutiert wird.
KLAUS TÖPFER: Sicherlich stimmt, dass die Lücke zwischen ehrlicher, wissenschaftlich basierter Analyse und dem daraus resultierenden notwendigem Handeln schneller überbrückt werden muss. Diese Wahrheit ist nicht nur zumutbar, die Menschen sind immer mehr bereit, ihre Einstellung zu ändern, sich vor den Konsequenzen des Zustands der Natur nicht wegzuducken. Es muss klar, deutlich und vor allem zuverlässig informiert werden. Vertrauen in Wissenschaft und in politisches Handeln sind unerlässlich. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verbraucher müssen auf diese Reise mitgenommen werden, müssen bei der Entwicklung von Handlungskonzepten Subjekt und nicht Objekt sein.
tazFUTURZWEI: Die Frage ist nur: Was ist der Weg? Es gibt ein Zitat von Volker Mosbrugger, Leiter des Senckenberg-Museums: »Den Menschen ging es noch nie so gut wie heute und der Erde noch nie so schlecht.« Das beschreibt im Grunde genommen unser politisches Problem: Dass auf der positiven Seite zivilisatorische und materielle Fortschritte stehen, von denen die Leute profitieren. Aber die Voraussetzung für diese Verbesserungen ist Zerstörung. Das ist die Situation, deshalb gibt es Fridays for Future. Daher stellt sich die Frage, ob jetzt nicht harte Konfrontation mit dieser Realität angesagt ist?
KLAUS TÖPFER: Auch für die härteste Radikalkur gegen die Wohlstandslüge wird in einer offenen parlamentarischen Demokratie die Mehrheit überzeugt werden müssen. Ich zitiere aus Laudato si’, der Umweltenzyklika des Papstes: »Darum können wir stumme Zeugen schwerster Ungerechtigkeiten werden, wenn der Anspruch erhoben wird, bedeutende Vorteile zu erzielen, in dem man den Rest der Menschheit von heute und morgen die extrem hohen Kosten der Umweltzerstörung bezahlen lässt.« Diese ethische Position ist im besten Sinne des Wortes eine konservative Aussage. Diese Position mehrheitsfähig zu machen, mag auch eine harte Konfrontation beinhalten. Aber diese Konfrontation kann den Menschen zugemutet und die daraus folgenden Handlungsnotwendigkeiten können durchgesetzt werden.
tazFUTURZWEI: Nicht der Konfrontation wegen. Wir haben ja über lange Zeit einen Weg zurückgelegt, der in vielerlei Hinsicht verdienstvoll und produktiv war. Trotzdem gilt der Mosbrugger‘sche Satz.
KLAUS TÖPFER: Natürlich sind erfolgreiche umweltpolitische Programme umgesetzt worden. Unsere Flüsse weisen eine bessere Wasserqualität auf, die Luftbelastung wurde wesentlich verringert, die Kreislaufwirtschaft ist bei der Bewältigung der Abfallmengen erfolgreich entwickelt worden. Die negativen Folgen des wirtschaftlichen Wachstums der Vergangenheit wurden durch Gesetze bekämpft, vermindert oder beseitigt. Es zeigt sich dabei: Zunehmend wachsen wir wirtschaftlich nur noch durch die Beseitigung negativer Konsequenzen vorangegangenen Wachstums. Wachstum läuft insofern leer.
tazFUTURZWEI: Jetzt wird es interessant.
KLAUS TÖPFER: Das Kriterium der Bewertung von Natur und Umwelt wird vornehmlich mit der Nützlichkeit für den Menschen verbunden. So haben wir sicherlich aktuell mehr Hühner und Schweine als früher. Gleichzeitig ist jedoch die Vielfalt der Arten bei Hühnern und Schweinen rückläufig. Wir verarmen im Reichtum. Das Bienenvolksbegehren in Bayern zeigt, dass diese Abnahme von Vielfalt Menschen unruhig und nachdenklich macht. Dass die Ursachen, die Vielfalt infrage stellen, etwa im Einsatz von Pflanzenschutz, zurückgeführt werden müssen.
tazFUTURZWEI: Die Mitteilungen der Klimawissenschaft gehen in etwa so: Wir haben jedes Jahr dramatischere Befunde auf der empirischen Ebene und eine Verkürzung des Handlungszeitraumes. Dann wird aber gleichzeitig gesagt: Noch ist Zeit. Dann kommt die ganze Arie mit »Wir können ja unseren Wohlstand behalten und trotzdem Klimaschutz machen …«. Ist es nicht höchste Zeit, mit diesem magischen Narrativ aufzuhören?
KLAUS TÖPFER: Eine Post-Wachstumsgesellschaft wird immer intensiver erörtert. Änderungen im Verhalten der Menschen machen dieses veränderte Wachstumsnarrativ umsetzbar: Die Nachfrage nach vegetarischer und veganer Ernährung steigt weit überproportional an. Lassen Sie mich aber hinzufügen: Acht Jahre lang habe ich in Afrika, konkret in Nairobi, Kenia gelebt, und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen geleitet. Eine junge Bevölkerung, ein in der Breite der Bevölkerung extrem niedriger Wohlstand: Wirtschaftliche Entwicklung ist da zwingend. Diese wirtschaftliche Entwicklung erfordert Energie, und die Aufgabe eines technologisch führenden Landes wie Deutschland ist es daher, wettbewerbsfähige Energietechniken zu entwickeln, die wirtschaftliches Wachstum ohne negative Konsequenzen für Natur und Umwelt ermöglichen. Die Solarenergie ist dafür ein wichtiger Beleg. In Nairobi wird von vielen Menschen die Post-Wachstumsgesellschaft nicht ernsthaft akzeptiert.
tazFUTURZWEI: Heißt?
KLAUS TÖPFER: Gegenwärtig leben knapp acht Milliarden Menschen auf der Erde. Als ich 1938 geboren wurde, waren es nur 2,6. Das Bevölkerungswachstum ist aber in unserer Welt sehr unterschiedlich verteilt. Als ich vor einigen Tagen die »Bevölkerungsuhr« befragte, zeigte sie, dass in Deutschland bis dahin an diesem Tag etwa 1.500 Kinder geboren wurden, dass in der gleichen Zeit etwa 1.700 Menschen gestorben sind. In Indien waren im gleichen Zeitraum 75.000 Kinder geboren, die Sterbefälle lagen deutlich darunter. Wirtschaftliche Entwicklung muss eine Antwort auf diese Unterschiede geben können. Dabei geht es für mich nicht um die große Transformation. Wichtig sind flexible, auch rückholbare Maßnahmen. Da wir Menschen stets bei unvollkommenen Informationen entscheiden, müssen nicht beachtete negative Folgen unseres Handelns aufgefangen und neu bewertet werden können. Dabei ist der Hinweis auf unvollkommene Informationen und Risiko keineswegs ein Alibi für ein ständiges Verschieben des Handelns. Das Vorsorgeprinzip, das 1992 in Rio gegen den großen Widerstand der USA durchgesetzt wurde, ist Handlungsauftrag!
tazFUTURZWEI: Die Union ist doch eine Law-and-Order-Partei und hat auch zum Teil eine Law-and-Order-Kundschaft. Könnte man das nicht auf das Klimaproblem übertragen? Heute wird ja Law and Order zunehmend als etwas Unstatthaftes betrachtet.
KLAUS TÖPFER: Immer wieder weise ich darauf hin, dass in einem Rechtsstaat ordnungsrechtliche Festlegungen zwingend geboten sind. Klares ordnungspolitisches Handeln ist nicht Law and Order, das ist Rechtsstaat. Die in unserem Gespräch bereits genannten Beispiele für umweltpolitisch erreichte Verbesserungen von Luft- und Wasserqualität sind durch Ordnungsrecht erzielt worden. Ein konkretes Beispiel: In den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts waren wir in Deutschland mit einem Waldsterben konfrontiert. Die wissenschaftliche Analyse kam zum Ergebnis, dass die Schwefeldioxidemissionen, vornehmlich aus Kohlekraftwerken dafür verantwortlich waren. Von vielen wurde gefordert, deswegen eine Steuer oder eine Abgabe auf SO2 zu legen.
tazFUTURZWEI: Diesem Rat sind Sie nicht gefolgt.
KLAUS TÖPFER: Nein. Es wurde vielmehr eine Großfeuerungsanlagen-Verordnung erarbeitet mit einem klaren Grenzwert von 300 Milligramm SO2 pro Kubikmeter. Der Protest dagegen war gewaltig in der Wirtschaft, die Wirkung wurde bezweifelt. Das Ergebnis: Rauchgasentschwefelungsanlagen wurden entwickelt. Die Emissionen von SO2 sanken in kürzester Zeit drastisch. Ein Mehr an SO2 wurde verboten. Freiwilligkeit allein oder ein SO2-Preis hätte diese Zielsetzung nicht erreicht. Das Ordnungsrecht hatte den Wettbewerb um die kostengünstigsten Techniken zur Vermeidung von SO2-Emissionen sichergestellt. Nochmals: Es ist rechtsstaatlich geboten. Mein finanzwissenschaftlicher Lehrer an der Universität in Münster hat darauf hingewiesen: Wer durch Steuern steuern will, wird sein Ziel nicht erreichen.
tazFUTURZWEI: Aber heute sitzen die sogenannten Realpolitiker immer da und sagen, wir setzen auf Anreize, wir setzen auf die Einsicht und so weiter.
KLAUS TÖPFER: Anreize sind durchaus ergänzende Maßnahmen, vor allem dann, wenn neue Techniken entwickelt und erst später wirtschaftlich erfolgreich werden. Wieder ein Beispiel: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat Anreize für die großtechnische Anwendung und die technologische Weiterentwicklung dieser Energiegewinnung sinnvoll eingesetzt. Dadurch ist es möglich geworden, dass die Kosten für eine Kilowattstunde Solarenergie in vergleichsweise kurzer Zeit drastisch gesunken sind: von fünfzig auf fünf Eurocent. Einsicht und das Mitdenken und Mithandeln jedes einzelnen Bürgers, so wertvoll und hilfreich es ist, kann einen klaren ordnungsrechtlichen Rahmen nur ergänzen, nicht aber ersetzen. Eine Privatisierung der Klimapolitik ist nicht die zwingend notwendige Antwort auf die dramatische Externalisierung der Kosten unseres Wohlstands auf die Natur. Die Externalisierung auf den Menschen ist mit der sozialen Marktwirtschaft beantwortet worden. Mit Blick auf die Externalisierung, auf die Schöpfung, auf die Natur und Umwelt, erfordert die gleiche Konsequenz eine ökologische Marktwirtschaft.
tazFUTURZWEI: Was wir echt nicht mehr hören können, ist, wenn irgendein CDU-Politiker, Sie nicht, daherkommt und sagt: »Ja, wir sind ja für die Bewahrung der Schöpfung!« Das ist so ein entleerter Begriff!
KLAUS TÖPFER: Dass Begriffe durch inflationären Gebrauch inhaltsleer werden, bedeutet nicht, dass sie in ihrem Kern nicht richtig sein können. Um noch einmal Laudato si’ zu zitieren. Dort wird festgehalten: Der Schrei der Armen und der Schrei der Natur müssen zusammengehört werden. Der Papst fordert eine ganzheitliche Ökologie. Frei übersetzt nenne ich dies eine ökologische und soziale Marktwirtschaft. Dabei spreche ich bewusst von Schöpfung. Der Begriff Umwelt ist sehr anthropozentrisch – hier der Mensch, dort die Umwelt, die der Mensch ausbeuten kann. Schöpfung macht klar, dass diese Objekt- und Subjektbeziehung zwischen Mensch und Umwelt falsch ist.
tazFUTURZWEI: Das beständig wiederholte magische Denken bis weit in die Grünen hinein sagt, dass dieses Wohlstandsniveau aufrechtzuerhalten ist, und trotzdem kann man die Dritte Welt befreien, den Klimawandel bekämpfen, die große Transformation machen. Da ist die Frage: In welcher Weise kann man das in eine politische Kommunikation produktiv einbringen zu sagen: »Scheiße, das könnt ihr vergessen.« Das geht nicht.
KLAUS TÖPFER: Es ist leider ein recht verbreitetes Verhalten, die Beantwortung einer Frage, die Lösung eines Problems, damit zu umgehen, dass man eben nicht »Scheiße, das könnt ihr vergessen!« sagt, sondern: »Das müssen wir noch weiter durchdenken, da müssen wir eine Lösung finden.« oder ähnlich. Dieses Verhalten kann man sicherlich als repressive Toleran bezeichnen. Die Antwort wird verschoben mit dem Ziel, sie eigentlich nicht beantworten zu können und wollen.
tazFUTURZWEI: Jetzt kommt der Töpfer mit Marcuse um die Ecke!
KLAUS TÖPFER: Wenn es den Tatbestand trifft, warum nicht?
tazFUTURZWEI: Repressive Toleranz bei Marcuse bedeutet: Ich verhalte mich tolerant gegenüber falschen Verhältnissen. Ich stelle Einigkeit darüber her, dass man etwas nicht skandalisiert und weiter so laufen lässt. Der Begriff ist hier auch richtig am Platz, weil ja die konservative Politik in Sachen Klima die falschen Verhältnisse die ganze Zeit toleriert und noch weiter befördert?
KLAUS TÖPFER: Dass dies nicht nur bei der von Ihnen genannten konservativen Politik der Fall ist, sondern in der Breite unserer Gesellschaft reales Handeln kennzeichnet, werden Sie sicherlich bestätigen. Die Konsequenz daraus muss doch sein, dass ein konservatives, an einen Wertekanon gebundenes Denken diesen Weg nicht geht. Gerade deswegen halte ich es für dringend geboten, ein konservatives Narrativ nicht als inhaltsleere Forderung zu zerreden, sondern substanziell auszufüllen. In den letzten Jahren und sogar Jahrzehnten ist diese Herausforderung nicht aufgegriffen worden. Der spezifische, aus den eigenen Werten abgeleitete konservative Ansatz für Klima- und Umweltpolitik ist nicht entwickelt worden – eine Lücke, die eben nicht durch repressive Toleranz ausgefüllt werden kann.
tazFUTURZWEI: Wir haben durch Fridays for Future eine gesellschaftliche Dynamik pro Klimapolitik und die Union denkt sich: »Naja, das könnte ja auch wieder weggehen und wenn wir uns jetzt zu sehr bewegen, dann machen wir vielleicht einen Fehler und dann frisst uns die AfD auf.« Wie schätzen Sie das denn ein?
KLAUS TÖPFER: Zygmunt Bauman, der große Sozialwissenschaftler, hat kurz vor seinem Tod in einem Spiegel-Interview gesagt: »Die Macht verlässt die Politik.« Die Macht verschiebt sich von der Politik hin zu Finanzmärkten, zu wirtschaftlichen Großstrukturen, besonders dabei zu IT-Unternehmen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit der Mensch die Technik beherrscht oder bereits die Technik den Menschen. Der Papst nennt dies das »technokratische Paradigma«. Wiederum: Dies ist eine tief in konservativem Denken zu verankernde Ethik.
tazFUTURZWEI: Die Sozialpsychologie würde immer sagen: Werte folgen der Praxis und nicht umgekehrt. Und wir haben ja jetzt gegenwärtig eine realpolitische Situation, wo alles das, was wertbezogen ist durch das, was man tut – sei es Verhalten zu kriegerischen Konflikten, sei es die Frage der Klimapolitik, sei es vieles andere –, maximal weit von den vorgetragenen Werten entfernt ist. Die Lücke zwischen dem, was man postuliert und dem, was man tut, führt auch zu einer totalen Orientierungslosigkeit, die bis in das politische Handeln selbst hineinreicht. Und insofern stimmt ja alles, was Sie sagen. Nur: Wo gibt es den Move, dass das ein neuer Konservatismus wird?
KLAUS TÖPFER: Zunächst belastet es mich wenig, wenn dafür nicht oder noch nicht breite Mehrheiten konstatiert werden können. Der evangelische Pfarrer und Philosoph Martin Schweizer hat treffend formuliert: »Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wo wir hinkämen, wenn einer ginge.« Dass ich als 81-Jähriger gerne als Beleg für dieses konservative Narrativ zitiert werde, macht man nicht mir zur Freude, sondern als Konkretisierung der Lücke, die in meiner Partei entstanden ist. Es ist mehr ein Arschtritt für andere als ein Lob für mich.
tazFUTURZWEI: Aber wer ist denn in der CDU da außer dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Andreas Jung?
KLAUS TÖPFER: Wenn du über einige Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, die Wohlstandslüge nicht als Problem gesehen oder akzeptiert hast, kann es nicht verwundern, dass dies Auswirkungen auf die Personalstruktur hat. Diese Lücke aufzuarbeiten wird wohl ein längerer Weg sein. Dieses Profil zu gewinnen, fällt äußerst schwer, wenn im besonderen Maße dadurch auch wirtschaftliche Parameter grundsätzlich hinterfragt werden. Diese Nachdenklichkeit ist jetzt aufgebrochen, der Nährboden für dieses konservative Narrativ ist fruchtbarer geworden, als er es bisher gewesen ist. Was sagt doch der Volksmund: »Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor dreißig Jahren. Die zweitbeste ist jetzt.«
tazFUTURZWEI: Nun haben wir diese Situation mit einer großen Diskrepanz zwischen Werten und Handeln, eine Entleerung des Konservatismus in sozial-ökologischer Hinsicht. Jetzt haben wir aber auch Fridays for Future. Jugendbewegungen können ziemliche Dynamiken entfalten, insbesondere dann, wenn der Widerspruch zwischen den herrschenden Gruppen und den nachrückenden jungen Gruppen zu groß wird. Jetzt könnte es doch eine Möglichkeit geben, dass der Druck, der von unten kommt, so groß wird, dass plötzlich eine Position wie Ihre von einer konservativen, vielleicht sogar jüngeren Person aufgegriffen wird. Denkbar oder nicht?
KLAUS TÖPFER: Ich halte das nicht nur für denkbar, ich halte das auch für realisierbar und umsetzbar mit klarer politischer Strategie. Ich konkretisiere das: Die soziale Marktwirtschaft muss zu einer ökologisch, sozialen Marktwirtschaft weiterentwickelt werden, nicht als schöne Floskel, sondern mit Substanz und klarem Wertebezug. Das ist machbar. Was wir dafür dringend brauchen, ist wie gesagt ein konservatives Narrativ. Bei einer Partei mit dem »C« im Namen ist dies mit dem Bezug auf den christlichen Wertekanon ebenso möglich, wie es das bei der Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft war. In einer solchen Partei kannst du nicht Politik machen, ohne dass du dieses, was ich jetzt doch Schöpfung nenne, zum Kern deiner Politik machst.
tazFUTURZWEI: Aber wir haben es mit einem Paradoxon zu tun, dass ökologisch das Konservative das Progressive ist. Das verwirrt sowohl die Progressiven als auch die Konservativen.
KLAUS TÖPFER: Ich sehe darin keineswegs ein Paradoxon, aber auch kein Alleinstellungsmerkmal. Ich bin nicht der Meinung, dass es hilfreich ist, darauf hinzuweisen, dass Politik die Kunst des Möglichen ist.
tazFUTURZWEI: Das hat Angela Merkel zur Verteidigung des sogenannten Klimapakets der Bundesregierung gesagt.
KLAUS TÖPFER: Politik ist für mich die Kunst, das Notwendige möglich zu machen.
tazFUTURZWEI: Die 1969er Willy-Brandt-Regierung hat mit einer knappen Mehrheit eine große Veränderung gemacht. Sind wir jetzt auch an einem Punkt, wo wir auf eine knappe Mehrheit zielen müssen von 51 Prozent oder 52, um zu sagen: Wir machen das jetzt und dann gibt es einen richtigen Clash mit den anderen? Kann man das, muss man das der Gesellschaft zumuten, und wo bleibt die CDU dann?
KLAUS TÖPFER: Im Zweifel werden Mehrheiten nur noch zustande kommen, wenn vorher nie gesehene Koalitionen gedacht und umgesetzt werden. Die 68er-Revolution hat bewirkt, dass aus einer Bewegung eine neue Partei entstanden ist. Eine Bewegung muss sich politisch aktivieren. Das ist Grundbedingung für eine parlamentarische Demokratie. Eine Bewegung ist nicht verantwortlich. Aber ich möchte alles daransetzen, dass demokratische Verantwortung übernommen wird. Dafür, was entschieden wird. Also: Macht doch Politik! Da werden Sie möglicherweise bei meiner Partei auch nicht nur freudig begrüßt werden.
tazFUTURZWEI: Bis sich eine Bewegung zu einer politikfähigen Partei entwickelt, kann es dauern.
KLAUS TÖPFER: Wie erreiche ich es, dass die Zeitachse mit der Notwendigkeit im Einklang steht? Die großen Protestierer von früher sind heute sehr aktive Politiker. Wenn ich den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg sehe, komme ich nicht auf die Idee, dass er ein Revolutionär geblieben wäre.
tazFUTURZWEI: Nochmal zu der Kernfrage: Sowohl die CDU als auch die Sozialdemokratie und die gesellschaftsliberalen Kräfte haben alle auf der Grundlage von fossilem Industrialismus ihre Interessen vorangetrieben. Wie ändert man das?
KLAUS TÖPFER: Die ökologische und soziale Marktwirtschaft ist kein abgeschlossenes Kapitel. Das muss immer wieder neu erfunden und weiterentwickelt werden, sowohl der Sozialstaat als auch der ökologische Staat. Zu glauben, jetzt habe man die richtige Lösung gefunden, jetzt bräuchte man nicht mehr zu denken, ist ein großer Fehler. Da wird beim Ökologischen genauso sein. Man muss es in eine permanente Veränderungsdynamik einbringen.
tazFUTURZWEI: Welche fünf ordnungspolitischen Maßnahmen würden Sie zügig umsetzen?
KLAUS TÖPFER: Bei der Frage höre ich schon alle rufen: »Gesetze! Um Gottes willen!«
tazFUTURZWEI: Also?
KLAUS TÖPFER: Also: Wir müssen gesetzlich festlegen, wie hoch der CO2-Ausstoß im Auto sein darf und diesen Grenzwert dynamisch nach unten entwickeln, verlässlich und damit für alle planbar. Das ist für die Mobilität zentral. Ob diese Werte besser mit Elektromobilität oder mit synthetischen Kraftstoffen oder mit Wasserstoff zu erreichen sind, ist der technischen Dynamik zu übergeben. Dabei vergisst man allzu häufig, dass für den Klimaschutz dann auch hinreichend Strom aus erneuerbaren Energien verfügbar sein muss. EnBW baut in Mecklenburg-Vorpommern den größten Solarpark. Über 450.000 Panels erzeugen dann Solarenergie. Das finde ich mal eine positive Nachricht, dass wir das bei uns jetzt ernst nehmen, ohne jede öffentliche Förderung, nur mit Beibehaltung der Priorität auf Erneuerbare. Das ist doch schon mal ein Wort. Das Gegenbeispiel: Die unglaubliche Krise der Windenergie!
tazFUTURZWEI: Was noch?
KLAUS TÖPFER: Wir zahlen achtzig Milliarden Euro Energiesteuer in völliger Klimablindheit. Eher ist das Gegenteil der Fall. Wir haben die Mehrwertsteuer angeblich unter sozialen Gesichtspunkten gesplittet – in vielen Fällen fraglich genug. Unter ökologischen Gesichtspunkten? Null! Das muss sich ändern.
tazFUTURZWEI: Nummer drei?
KLAUS TÖPFER: Der gesamte Wärmebereich kann durch Ordnungsrecht klimaneutral gestaltet werden. Im Klimapaket der GroKo sind dafür Beispiele zu finden, die aber kaum erörtert werden und denen eher zu wenig Beachtung geschenkt wird. Gerade in diesem Bereich müssen Anreize insbesondere die sozialen Konsequenzen abfedern.
tazFUTURZWEI: Nummer vier?
KLAUS TÖPFER: Nochmals zurück zu den erneuerbaren Energien: Die EEG-Umlage wird nur von den Stromkunden gezahlt, wobei die Großverbraucher noch weitgehend ausgenommen sind. Die sauberste Energie, regenerativer Strom, wird damit am höchsten besteuert. Eine grundlegende, rechtlich basierte Änderung muss sicherstellen, dass die Refinanzierung der Forschungs- und Entwicklungskosten der erneuerbaren Energien auch im Verkehrs- und Wärmebereich getragen werden.
tazFUTURZWEI: Nummer fünf?
KLAUS TÖPFER: Die Klimakatastrophe ist eine globale Katastrophe. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir dafür Verantwortung tragen – auch für eine klimaneutrale Energieversorgung etwa in Afrika. Dabei ist Entwicklung und Klimaneutralität gemeinsam zu verfolgen. Die Produktion von Solarpaneln, die Gründung von mittelständischen Handwerksbetrieben zur Installation und Wartung, müssen vor Ort erfolgen. Bemühungen unserer Entwicklungszusammenarbeit, die zweifellos beachtlich sind, müssen weiter verstärkt und rechtlich abgesichert werden.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in Ausgabe Nr. 11 des tazFUTURZWEI-Magazins „Richtige Politik“
Weitere Artikel sind hier einzusehen.
Wie Landwirtschaft, Kapital und Unternehmensinvestitionen den indischen Punjab verändert und seine derzeitige Unsicherheit verursacht haben
„Mindestens elfmal pro Erntezyklus sprühen wir, also im Schnitt alle zehn Tage“, erzählt Borges, ein misstrauischer Grossbauer in Karohemd, Jeans und Strohhut. Der 49jährige besitzt 10.000 Hektar. Zweimal erntet er im Jahr, Soja und Mais im Wechsel. Die Ernte verkauft er an Zwischenhändler wie Cargill oder multinationale Broker. Der Verkauf ist digitalisiert, die Soja geht als Viehfutter vor allem nach Asien und Europa. Damit wurde Borges reich. Der Boden war fruchtbar, die Ernte üppig, Resistenzen kein Thema. Bis zu 3600 kg pro Hektar war der Ertrag. Doch jetzt stösst das Modell an seine Grenzen: Resistenzen und Bodenunfruchtbarkeit senken die Produktivität um bis zu 30%. Borges braucht immer mehr Gift für immer weniger Ertrag. Das Rundum-Sorglos-Paket funktioniert nur noch für die ganz Grossen, die die besten Böden haben oder selbst Silos, Banken und Transportflotten besitzen, um die Soja zu verschiffen. Leute wie Brasiliens Agromogul Blairo Maggi, Ex-Gouverneur und Ex-Landwirtschaftsminister. Andere landen in der Verschuldungsfalle. „Moderne Sklaverei“, nennt Borges das Modell.
Drei Dutzend Grossgrundbesitzer in der Autokolonne suchen Auswege aus der Sackgasse. Sie sind unterwegs auf die Sojafarm Invernadinho in der Nähe von Mineiros zu einem Praxisseminar mit dem Schweizer Agronomen Ernst Götsch. 71 Jahre alt, hager, Ziegenbart. Ein Bauernsohn vom Bodensee. Einer, der mit Mischkulturen experimentierte, als seine Forscherkollegen am Eidgenössischen Institut für Pflanzenbau auf Gentechnik und die Grüne Revolution setzten. „Alle sassen im Labor. Ich hatte die Gewächshäuser praktisch für mich alleine“, sagt er schmunzelnd. Er fand Interessantes heraus: „Um 30% steigerte sich das Wachstum bei Mischkulturen“ Von den Mischkulturen kam er auf Mikroorganismen im Boden, davon aufs Ökosystem, und alles zusammen ergab das, was Götsch die syntropische Landwirtschaft nennt: Ein in sich geschlossenes System, in dem unterschiedliche Pflanzen bestimmte Stoffwechselprodukte füreinander produzieren und mit der Zeit immer komplexere Ökosysteme und fruchtbarere Böden bilden.
Syntropie bedeutet im griechischen “miteinander, zusammen”. Die syntropische Landwirtschaft beruht auf dem komplexen Zusammenspiel verschiedener Pflanzen und Organismen, die sich gegenseitig schützen und Nährstoffe zur Verfügung stellen. Sie besteht also immer aus Mischkulturen und ist genau das Gegenstück zur modernen „Grünen Revolution“ mit ihren Monokulturen. Ihre Grundstruktur ist ein Agroforst. Bäume und Gräser liefern vor allem organisches Material zur Verbesserung der Bodenqualität und der Feuchtigkeit. Die syntropische Landwirtschaft verzichtet auf extern zugefügten Dünger, Pestizide und Insektizide und ist damit 100% organisch. Die Hauptaufgabe des Menschen ist, den Agroforst zu planen, anzulegen und anschliessend durch gezieltes Stutzen zu pflegen.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Wald. Statt der Monotonie der Grünen Revolution herrscht in Götschs System Vielfalt – egal, ob es um die Produktion von Kakao geht, Soja, Weizen, Bananen oder Zitrusfrüchten. Auch der Mensch hat seinen Part: „Er ist die Giraffe“, sagt Götsch, der knackige Vergleiche liebt. Der Mensch stutzt die Baumreihen regelmässig. Das regt das Wachstum der Pflanzen an, und zugleich wird dem Boden Biomasse als Dünger zugeführt wird. Dass es funktioniert, dafür ist Götschs eigene Farm im Bundesstaat Bahía das beste Beispiel.
Rrrrrummm, rrrrummm. Das Geräusch der Kettensäge dringt schon von weitem durch den dichten Wald in Gandú, im Süden von Bahía. Doch statt Kahlschlag entsteht hier ein menschengemachter Dschungel, und mittendrin befindet sich eine der produktivsten und qualitativ besten Kakaoplantagen von ganz Brasilien. „Das Stutzen regt das Wachstum der Pflanze an, schafft natürlichen Dünger und Licht für die darunter wachsenden Pflanzen“, erklärt Götsch. Er bekam die 120 Hektar vor 30 Jahren – durch eine Wette. „Das hier war verbuschtes Grasland“, erzählt Götsch, während er in Gummistiefeln und völlig verdreckten Hosen Bäume erklettert und mit der Motorsäge Äste abtrennt. Der Boden war durch Abholzung und jahrelange Viehwirtschaft verarmt, die meisten Quellen versiegt. „Ungeeignet für Kakao“, bescheinigte die zuständige Landwirtschaftsbehörde. Kakao war damals Bahias Vorzeige-Produkt. Was sich nicht für Kakao eignete, war wertlos. Götschs damaliger Auftraggeber forderte ihn heraus: „Ich kaufe dir das Land. Wenn deine Methode funktioniert, zahlst du mir es zurück.“ Götsch begann, Bäume zu setzen. Kunstdünger und Pestizide lehnte er ab. Das meiste liess er dann natürlich wachsen, auf 12 Hektar pflanzte er Bananen und Kakao und griff dort immer wieder regulierend ein.
Die Nachbarn belächelten den „irren Gringo.“ Doch nach fünf Jahren entstand ein kleiner Wald, die ersten Quellen kehrten zurück, und Götsch konnte seinen Kredit mit Kakao und Bananen zurückzahlen. Die Pflanzen wuchsen so gut, dass ihnen auch grassierende Pilzerkrankungen nichts anhaben konnten. Dann kam eine große Dürre über die Region; nur bei Götsch regnete es, weil die dichte Vegetation seiner 120 Hektar lokal für eine hohe Verdunstung sorgte. Sein Erfolg als „Regenmacher“ brachte ihm den Respekt der Nachbarn ein. Sie begannen ihm nachzuahmen. Inzwischen ist die Waldfläche der Umgegend auf 1000 Hektar gewachsen. „Beim Überflug siehst du meine Finca gar nicht mehr, weil es hier nun das ganze Jahr Wolken hat“, erzählt Götsch stolz.
Ein Element spielt dabei eine zentrale Rolle, hat Götsch festgestellt: Der Wald. „Der Niedergang der Hochkulturen wurde immer durch eine Erschöpfung der natürlichen Ressourcen eingeleitet“, doziert er, „anfangen von den Römern bis hin zu den Maya. Und immer hatte es mit dem Kampf des Menschen gegen den Wald zu tun.“ Der Wald als etwas Finsteres, Unberechenbares gegen den Mensch, der ein Steppentier ist? Könnte es ein psychologisches Element sein, dass unserer Zivilisation – mit Ausnahme weniger indigener Gruppen – also schon seit Jahrtausenden böse Streiche spielt, ohne dass wir dazu lernen? Götsch bejaht das, aber auch die Tatsache, dass sich die Natur von den menschlichen Rückschlägen bisher immer wieder erholt hat.
Seine Produktion kommt komplett ohne Dünger, ohne Bewässerung und Pestizide aus, ist 100% biologisch. Wegen der niedrigen Kosten kann so von einem Hektar eine Familie ernährt werden, mit vier Hektar kann man zu Wohlstand kommen, hat er errechnet – sofern die Produkte weiterverarbeitet werden und Abtransport und Vermarktung funktionieren. Das betreibt seine Frau Cimara mit den beiden Töchtern im familiären Kleinbetrieb. „Götsch“ heisst die Hausmarke. In der heimischen Küche werden Kakao-Brösel und Bitterschokolade produziert und in einfachen Papiertüten verkauft. Sein Erfolg sprach sich herum. Götsch wurde zum „Agroforst-Papst“. Doch er will heraus aus der Öko-Nische. „Mein Wunsch ist, dass meine Art Landwirtschaft zu betreiben sich global durchsetzt“, sagt er. Dafür braucht er die Grossbauern. Vor zwei Jahren begann er die Zusammenarbeit mit der Gruppe aus Mineiros, zu der auch der Sojafarmer Paolo Borges gehört. Aus anfangs 40 Teilnehmern wurden inzwischen tausend, die per whatsapp vernetzt sind. Auf dem Seminar in Mineiros ist die Euphorie des Pioniergeistes zu spüren. Doch die Herausforderung, die syntropische Landwirtschaft auf grossen Flächen zu betreiben, ist riesig, wie auf der für den Workshop auserwählten Fazenda Invernadinho anschaulich wird: Nicht alle Pflanzen passen zueinander, die verschiedenen Produkte wie Bohnen, Bananen, Soja und Zitrusfrüchte werden gestaffelt geerntet – jede Fazenda braucht eine eigene, massgeschneiderte Kombination.
Uns fehlen Berater und passende Maschinen“, sagt Seminarteilnehmer Marco Janssen. Weil es die noch nicht gibt, malt Götsch selbst Entwürfe. Er hat auch schon ein paar Tüftler gefunden, die seine Skizzen umsetzen. Beim Praxistest auf Invernadinho gibt der grosse Rasenmäher-Gras-Aufhäufer aber schon nach wenigen Metern den Geist auf. „Das ist normal, wir haben den Fehler erkannt und müssen es nochmal versuchen“, ermuntert Götsch den skeptischen Janssen. Ein weiterer Haken sind die fehlenden Fachkräfte. Götsch hat zwar einige Agronomen in seiner Methode ausgebildet, doch längst nicht genug. Kostenpflichtige Video-Tutorials im Internet zeigen nur die Grundlagen, helfen aber nicht bei jeder Unwägbarkeit. Und schnelle Abhilfe ist für die Grossbauern das A und O, denn bei ihnen geht jede Missernte in die Millionen.
GTA hielt Anfang letzten Monats (8. bis 13. August) seine erste physische Versammlung in Kenia ab und erneuerte unsere Bande der Kameradschaft und Zuneigung, indem wir einen materiellen Wandteppich aus Stoffen aus unseren individuellen Kontexten und einen Wandteppich aus Ideen webten, der unsere Vision darstellt. vorwärts gehen.
Putzfrau Ilona Parsch hielt ihr aggressives Putzmittel nicht mehr aus. Deshalb entwickelte sie Beeta, das weltweit einzige Reinigungsmittel aus Roter Bete.